Der Einsatz des sog. Staatstrojaners soll in Deutschland nach einem aktuellen Gesetzesentwurf des Justizministeriums eingeschränkt werden. Außeracht gelassen wurden dabei das grundsätzliche Problem von staatlichem Hacken.
Eine alltägliche Ermittlungsmethode der Polizei stellt das Abhören von Telefonen dar.
Jedes Jahr werden in Deutschland zehntausende Telefonanschlüsse überwacht. Die meisten Überwachungen finden im Zusammenhang mit Drogendelikten statt. Die bayrische Polizei überwacht unter anderem auch 13 Telefonanschlüsse von Klima-Aktivist*innen der Letzten Generation.
Im Jahre 2017 beschloss die große Koalition, dass es der Polizei möglich sein soll, nicht nur passiv Telefongespräche beim Telefonanbieter mitzuhören, sondern aktiv Smartphones zu hacken und Apps per Staatstrojaner auszuforschen. Damit wurde die klassische Telekommunikationsüberwachung mit dem Staatstrojaner gleichgesetzt. Ersterer wird von der Polizei vor allem wegen Drogendelikten genutzt. Gegen die Ausweitung von Staatstrojanern auf Alltagskriminalität laufen aktuell mehrere Verfassungsbeschwerden. Neben der FDP hat auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte Beschwerde gegen das Gesetz eingereicht. Was genau ein Staatstrojaner und sog. Spyware ist, erklären wir ihnen in einem anderen Blogbeitrag. (LINK PAGSUS).
Die aktuelle Regierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die Regeln rund um den Einsatz des Staatstrojaners zu verschärfen. Das Gesetz soll an ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden und zu diesem Zwecke wurde vom Justizministerium einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet und an die anderen Ministerien geschickt.
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht 2008 das „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ definiert, welches der Staat schützen muss und in das nur begrenzt eingegriffen werden darf. 2016 wurde zudem erneut klargestellt, dass die Polizei Staatstrojaner nur einsetzen darf um überragend wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben schützen.
Die Große Koalition hat dennoch den Einsatz von Staatstrojanern massiv ausgeweitet. Zum Beispiel kann nun auf gespeicherte Kommunikation wie Chatverläufe zugegriffen werden. Das geltende Gesetz beschränkt sich also nicht nur auf die laufende Kommunikation, sondern erlaubt darüber hinaus den Zugriff auf gespeicherte Kommunikation. Dies stellt eher eine kleine Onlinedurchsuchung dar.
Justizminister Marco Buschmann spricht sich für eine Änderung dieser Gesetzeslage aus und schlägt im oben genannten Gesetzesentwurf eine Lösung vor.
Die aktuelle Gesetzeslage erlaubt es der Polizei den Staatstrojaner bei einer langen Liste an 44 schweren Straftaten einzusetzen. Künftig soll dies auf 33 besonders schwere Straftaten beschränkt werden. Umfasst sind unter anderem Straftaten wie Computerbetrug, Drogenhandel und Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung – weit mehr als Terror, Mord und Totschlag.
Der aktuelle Gesetzesentwurf erlaubt eine Überwachung der gespeicherten Kommunikation nicht mehr per Staatstrojaner, sondern nur noch mittels Online-Durchsuchung. Bei einer Online-Durchsuchung dürfen alle gespeicherten Inhalte überwacht werden. Vergleichbar ist dies mit einer Wohnungs-Durchsuchung. Eine Live-Überwachung ist nicht gestattet und daher soll die Online-Durchsuchung nicht mehr heimlich Kamera und Mikrofon anschalten dürfen.
Die Online-Durchsuchung soll künftig die Ultima Ratio darstellen. Der Staatstrojaner soll statt von einem einzelnen Ermittlungsrichter nur noch von der Kammer des Landgerichts angeordnet werden dürfen. Eine Anordnung gilt für drei Monate und kann danach für einen Monat verlängert werden statt bisher drei. Die Benachrichtigung der Betroffenen kann ohne Begründung für sechs Monate zurückgestellt werden statt bisher zwölf.
Insgesamt soll der Staatstrojaner nicht abgeschafft werden. Der neue Gesetzesentwurf begründet seinen Einsatz mit Schwerkriminalität und Terrorismus.